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6 wenig bekannte Dinge über den Ramadan

Weltweit wird der heilige Monat Ramadan von ca. 1,7 Mrd. MuslimInnen jährlich begangen. Der vergangene Donnerstag, der 18.6., markierte den Start des Fastenmonats, wobei wir auch schon beim Thema wären.

„Ramadan, das ist doch das, wo ihr nichts essen und trinken dürft, oder?“, fragte mich meine ehemalige Lehrerin mal, als sie im Zuge eines Klassenfrühstücks bemerkte, dass ich nichts zu mir nahm. „Ja, auch. Aber darum geht es eigentlich eher weniger“, entgegnete ich und dachte daran, wie schön doch eine „Copy & Paste“- Funktion im realen Leben wäre, denn dann müsste ich nie wieder ein und dieselbe Antwort gefühlte 724 beantworten, sondern einfach Strg+V betätigen und schon wäre die Frage beantwortet.

Mir ist schon bewusst, dass sie es nicht böse gemeint hat. Es war wohl reines Interesse, denn wie sollte sie denn auch Zugang zu dem tatsächlichen Sinn hinter Ramadan haben, wenn diesen nicht einmal alle MuslimInnen verstehen bzw. leben.

Das begründete Interesse am Ramadan äußert sich nicht selten in einer der beliebtesten Fragen: „Ist das nicht ur ungesund?“. Dabei geht es im heiligen Fastenmonat um so viel mehr. Hier sind 6 Dinge von denen ich mir wünsche, dass sie allen Menschen über Ramadan bekannt sind.

  1. Ramadan ist nicht gleich Hungern

Während dem Fasten gehen wir unseren täglichen Beschäftigungen nach: Arbeiten, Lernen, Aufräumen, etc… Wir fasten lediglich von Essen, Trinken, Sex und provokativem Benehmen, wie Schimpfen, Lästern und anderen Gemeinheiten.
Gerade auf die letzten Ausführungen bezogen, also negative Handlungen und Äußerungen gegenüber anderen Personen aber auch gegenüber uns selbst; jener Moment, in dem es uns gelingt, uns von derart unguten Eigenschaften/Handlungen zu befreien, ist jener, wo wir dazu in der Lage sind rational, klar und frei denken zu können ohne von jeglichen Emotionen beeinflusst zu werden. Dieser Zugang ist es, der es uns Muslimen erlaubt, produktiver als sonst zu werden, indem man schlicht und einfach damit aufhört an negative Dinge, Erfahrungen, Leid oder allgemein an unsere individuellen Probleme zu denken, die uns nur verärgern und deprimieren.

Ramadan ist die Zeit der Vergebung und die Zeit, in der wir loslassen und uns auf das Wichtigste konzentrieren.

Tatsächlich bezieht sich das Fasten auch auf jegliche Form physischer Bedürfnisse. Man hält sich von Wut, Trauer und Frustration fern. Selbstverständlich kann man oft nicht kontrollieren, wer oder was einen traurig macht, doch kann man bewusst kontrollieren, wie wir darauf reagieren und genau das ist es, worauf uns der islamische Fastenmonat trainiert.

Die Herzen fasten, sie trauern nicht. Der Verstand übernimmt die Kontrolle anstatt unserer Emotionen.

  1. Nicht-Muslime sollten kein Mitleid empfinden

Oh mein Gott, kein Essen und Trinken für die nächsten 18 Stunden, das tut mir echt Leid“. Bitte nicht! Zwar kann das Fasten schon mal dazu führen, dass wir etwas müde wirken, doch ist die Belohnung am Ende des Tages eine überwältigende. Das Gefühl, jenen Verlockungen widerstanden zu haben, die uns und unser Ego Tag für Tag füttern, ist ein großartiges. Fasten ist nicht nur eine Trennung von Mensch und Nahrung. Es geht vielmehr darum, eine Verbindung zwischen uns und Gott, zwischen dem Körper und unserer Seele herzustellen. Wir verbieten unserem Geist/Verstand Sklave der Bedürfnisse unseres Körpers zu sein – das stärkt uns immens.

  1. Ramadan endet nicht nach 30 Tagen

Ramadan ist für uns eine Chance tief in uns hineinzublicken und diese Form der Selbstreflexion auf unser weiteres Leben zu übertragen. Einmal jährlich kommt der Ramadan als eine Erinnerung bzw als ein göttliches Signal. Die Möglichkeiten innerhalb des Fastenmonats zielen darauf ab, unerlässliche Eigenschaften wie Selbstbeschränkung und Selbstbeherrschung zu trainieren, welche uns auf Lebenszeit begleiten.

  1. Ramadan als Mäßigung

Natürlich ist es verlockend, sobald die Sonne untergegangen ist, Mamas/Papas (oder wer auch immer uns bekochen möchte) köstliches Essen haufenweise zu verdrücken. Genau dies tun wir außerhalb des Ramadans auch oft genug. Nicht selten essen wir, wenn wir eigentlich keinen Hunger haben und nicht selten essen wir auch weit über den Hunger hinaus. Tatsächlich aber braucht unser Körper nicht so viel Essen um zu überleben.

Eine der aussagekräftigsten Eigenschaften des Fastens ist jene, dass wir dazu in der Lage sind, lange Zeit ohne Essen und Trinken auszukommen, so wie Millionen andere Menschen auf der Welt es gezwungenermaßen tun; nur, dass diese Menschen auch nach Sonnenuntergang nichts zu sich nehmen. Ramadan bringt uns in Einklang mit unserem Körper. Wir rufen uns wieder ins Bewusstsein, wann wir einfach Essen, weil wir Lust haben und wann wir Essen, weil wir hungrig sind. Vor allem aber lernen und spüren wir am eigenen Leib, wie es Menschen geht, denen es nicht so gut geht wie uns.

  1. Fasten ist gesund

Eine der wohl am häufigsten empfohlenen Diäten ist das sogenannte „Alternierende Fasten“ (Intermittent Fasting). Einer Studie der University of California zufolge, lindert das Fasten die Wahrscheinlichkeit von kardiovaskulären Erkrankungen, Krebs und Diabetes und schützt gegen einige Auswirkungen von Alzheimer und Parkinson. Zudem verbessert das Fasten unsere kognitive Funktion. Dr. Andrew Well vom Arizona Zentrum für Integrative Medizin konkludierte, dass Fasten mit der Theorie der natürlichen Selektion verbunden ist: “When food is scarce, natural selection would favor those whose memories (‘Where have we found food before?’) and cognition (‘How can we get it again?’) became sharper.”

  1. Nicht alle Muslime müssen fasten

Mal abgesehen davon, dass es in der Religion keinen Zwang geben darf (Quran 2:256), gibt es auch für das Fastengebot viele Ausnahmen. Kranke Menschen, schwangere Frauen und Kinder müssen nicht fasten. Obwohl das Fasten eine der fünf Grundsäulen des Islams ist, lehrt uns der Islam, dass der Leitgedanke im Vordergrund steht, nicht die Handlung per se.

Fasten, wie auch jeder andere Aspekt im Leben eines Muslims/einer Muslima ist eine Wahl. Die Entscheidung Ramadan einzuhalten geht mit dem Bedürfnis einher, sich selbst zu besiegen und die eigenen Triebe zu überwinden.

Wie Buddha einst sagte: “The strongest man is not one that conquers another man, but one that conquers himself.”

R.A

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