Wir waren an einer Wiener Volksschule und sprachen vor Ort mit der Direktorin Frau H. Vorab hat sie uns einige Daten gennant: Von insgesamt 295 Schülern und Schülerinnen gibt es 161 muslimische Kinder. Davon besuchen 93 den islamischen Religionsunterricht, 68 Kinder sind abgemeldet worden. Im weiteren Gespräch erfuhren wir mehr über die Schulleistungen, Integration von muslimischen Kindern und insbesondere den islamischen Religionsunterricht.
CEAI: Woher kommen die muslimischen SchülerInnen ursprünglich?
H.: Größtenteils aus der Türkei und Tschetschenien. Mehr noch aus der Türkei.
CEAI: Die Zahl der Abmeldungen ist recht hoch. Wovon hängt das ab?
H.: Das variiert von Jahr zu Jahr. Sicherlich hängt es damit zusammen, dass der islamische Reigonsunterricht eher auf den Nachmittag verlagert wird, weil es wöchentlich ganze 17 islam. Religionsstunden gibt, während es 8 röm.-katholische Religionsstunden gibt. Für viele Eltern bedeutet Nachmittag dann abmelden. Das sind dann die, denen die Religion nicht so wichtig ist.
CEAI: Waren Sie schon anwesend im islam. Religonsunterricht?
H.: Ich hospitiere den islam. Religionsunterricht zwei mal jährlich. Inhalte des Religonsunterrichts darf ich prinzipiell nicht bewerten, aber sehr wohl pädagogische Belange.
CEAI: Was würden Sie am islam. Religionsunterrichtan Ihrer Volksschule bemängeln?
H.: Es findet hauptsächlich Frontalunterricht statt. Da fällt vor allem das gemeinsame Lernen weg. Die Art des Unterrichts ist extrem traditionell. Ich habe das ein oder andere Mal auch inhaltliche Punkte angesprochen, weil teilweise Aussagen vom Religionslehrer dabei waren, die ich so nicht im Raum stehen lassen wollte.
CEAI: Wie wichtig ist Ihnen die Rücksprache mit den ReligonslehrerInnen?
H.: Sehr wichtig. Und es funktioniert auch mit allen, wobei ich sagen muss, dass der islam. Religionslehrer weniger kooperativ ist im Vergleich zu den übrigen. Er hält sich eher bedeckt, was seinen Unterricht betrifft. Auch die Kommunikation hält sich in Grenzen, was vielleicht auch daran liegt, dass sein Chef eine Frau ist. Ich habe 40 Lehrer und er ist der einzige, der nachwievor per Sie ist, was ich natürlich respektiere.
CEAI: Gab es seitens der Eltern schon Kritik an seinem Unterrichtsstil?
H.: Des öfteren. Er sei zu streng, was ich eher als “laut” bezeichnen würde. Die Kinder sitzen die ganze Stunde und beten Suren auf Arabisch. Sie lesen teilweise etwas, was sie selbst kaum verstehen, weil sie einfach noch nicht diese Lesesicherheit auf Deutsch haben. Dann lesen sie wieder Suren auf Arabisch, wo ich das Gefühl habe, dass sie den Inhalt überhaupt nicht verstehen.
Der Unterricht entspricht nicht den pädagogischen Maßstäben, die für sechs bis zehn-jährige SchülerInnen vorgesehen sind.
CEAI: Wie würden Sie den Umgang zwischen den SchülerInnen beschreiben?
H.: Es herrscht ein friedliches Miteinander. Wir haben derweilen keine Ausschreitungen gehabt. Der Umgang zwischen den Kindern ist sehr friedlich. Auch gegenüber den Lehrern haben die Kinder eine sehr freundliche und respektvolle Art. Wir haben eine kleine Gruppe von 4, 5 Schülern, die sich untereinander mit “Bruder” begrüßen (lacht). Das ist aber auch nur eine Minigruppe, die sich so ein wenig abheben will von den anderen. Das witzige ist aber, dass die Eltern dieser Kinder unreligiös sind und die Kinder sogar vom Religionsunterricht abmelden wollten. Ich denke, das sind die ersten Schritte der Kinder, sich über den Islam zu definieren. Eine Art Jugendkult.
CEAI: Was können Sie zu den Schulleistungen muslimischer Kinder sagen?
H.: Es ist leider oft so, dass Kinder zu uns kommen und kein Wort Deutsch können. Die erste Lösung ist dann, diese Kinder in die Vorschule zu schicken. Da frage ich mich, was die Kinder im Kindergarten tatsächlich gemacht haben. Überprüfen kann ich nur, ob sie den Kindergarten besucht haben. Wie oft und wie lange sie dort waren, wird uns nicht gesagt. Doch das erübrigt sich sehr schnell, weil die Sprachdefizite oftmals so schlecht sind, sodass ich davon ausgehen kann, dass die Kinder entweder nur selten im Kindergarten waren oder sie Deutsch dort nicht gelernt haben. Was noch dazu kommt, dass viele Kinder nicht mal die eigene Muttersprache beherrschen. Das erschwert es, aktiv am Unterricht teilzunehmen. Da gibt es teilweise große Lücken.
CEAI: Wie spiegeln sich derartig schlechte Schulleistungen auf das Verhalten der Kinder wider?
H.: Es ist natürlich klar, dass ein Kind aufgrund von schlechten Schulleistungen, irgendwann den Anschluss verliert, oft mit Frusterlebnissen zu kämpfen hat und letzendlich verhaltensauffällig wird. Das ist auch normal. Wir versuchen in solchen Fällen dennoch vorzubeugen.
CEAI: Gibt es an ihrer Schule Flüchtlinge? Und wie schwierig bzw. leicht war bzw. ist es für diese zu lernen und im Unterricht mitzukommen.
H.: Es gibt 13 Flüchtlingskinder, für die wir 8 Zusatzstunden eingerichtet haben, in denen sie v.a. Sprachkenntnisse erwerben sollen. Es gibt einige, bei denen es sehr schnell gegangen ist und binnen kürzester Zeit gut Deutsch gelernt haben. Einige können recht gut Englisch. Von dreien kann ich sagen, dass sie noch etwas nachhinken. Der Rest ist nur zu bewundern. Ich bin sehr erfreut über die Motivation und den Willen dieser Kinder.
CEAI: Schon mal den Gedanken einer von religiösen Symbolen freien Schule gehabt? Das Kreuz hängt ja in den Klassen.
H.: Bei uns nicht (lacht). Meiner Meinung nach wäre der gesamte Religionsunterricht abzuschaffen. Es müsste ein allgemeiner Ethikunterricht eingeführt werden und der Religionsunterricht auf privater Basis evtl. am Nachmittag stattfinden. Außerdem ist es sehr schwierig so viele Religionsstunden stundenplantechnisch unter den Hut zu bekommen. Und Relgion ist meines Erachtens Privatsache und hat in der Schule nichts verloren.