Schockiert über das Video? Verärgert? Steckte tatsächlich die CIA und die jüdische Weltregierung dahinter? Nicht wenige sagen, dass zumindest 9/11 tatsächlich unter äußerst dubiosen Umständen passierte. Wer das ablehne, der google “9/11 controlled demolition”. Ca. 3000 unschuldige Todesopfer. Ähnlich tragisch gestaltet sich Charlie Hebdo, allerdings mit wesentlich weniger Toten. Nun, wer steckt dahinter? Eine komplexe Frage, die bestimmt nicht so einfach zu klären ist, wie manche glauben. Die CIA? Die jüdische Weltregierung? Es wäre unseriös weiter darauf einzugehen.
Viel wichtiger wäre ein grundsätzlich anderer Zugang zu diesen Themen. Denn bei solchen Themen vergisst man leicht, dass es Unschuldige getroffen hat, die an diesem Tag bloß ihre Arbeit verrichten und nach Feierabend zu ihren Familien zurückkehren wollten. Und eben hier könnte bei Diskussionen dieser Themen in erster Linie angesetzt werden, die noch dazu eine gemeinsame moralische Haltung aller monotheistischen Religionen beinhaltet: “Jeder getötete Mensch ist einer zu viel! Möge Gott ihrer Seelen gnädig sein!” … Mensch wohl gemerkt. Nicht umsonst ist der Islam eine universale Religion. Die Schuldfrage tritt dann in den Hintergrund, denn für eine solche Haltung kann es keinen Unterschied machen, ob westliche Geheimdienste oder islamistische Extremisten dahinter stecken.
Digital verbreitete Propaganda, fake News oder Verschwörungstheorien aller Art sind mindestens seit dem Jahr 2001 modern und ziehen die Menschen massenhaft, wie das Licht die Motten, an. Tatsächlich ist man extrem gefordert, nicht alles, was einem glaubhaft gemacht wird, zu glauben. Einer meiner syrischen Freunde sagt daraufhin gerne: “Glauben kannst’ in der Kirche!” Aber es stimmt schon, wenn er sagt, dass wir in einer postfaktischen Zeit angelangt sind, wonach die Einschätzung einer Information mehr auf Gefühlen und weniger auf Tatsachen beruht. Gleichzeitig finden wir uns in einer Zeit wieder, in der die Fülle an Informationen zu den verschiedensten Themen überall auf dieser Welt, ob wahr oder unwahr, nicht mehr überschaubar ist. Es ist darüber hinaus die Zeit, in der die Technik mittels Filterblasen bzw Informationsblasen unseren Umgang mit Nachrichten beeinflusst. Denn in den gegenwärtigen Systemen finden die Informationen immer öfter uns, anstatt wir die Informationen. Dementsprechend kritisch ist mit Informationen umzugehen, die man selbst nicht verifizieren bzw nachprüfen kann.
Es gilt, wachsam, objektiv und kritisch zu bleiben. Es gilt, jede Form von Propaganda in erster Linie als solche zu erkennen. Dabei kann für eine zukunftsorientierte und objektive Einschätzung die Frage helfen: “Wem nützt sie, die Propaganda?” bzw “Cui bono?” (Wem zum Vorteil?) Achtung! Wer sich tiefer mit dieser Materie beschäftigt, nämlich herauszufinden, wer hinter den existierenden bösen Machtstrukturen steckt, der darf nicht darauf hoffen, dass man ihn weiter ernst nimmt. Trotzdem ist es notwendig, heute mehr denn je, kritisch zu hinterfragen, kritisch zu denken und wachsam zu sein. Reinhard Mey hat schon in den 90er Jahren dazu gesungen:
“Der Medienmogul und der Zeitungszar
Die schlimmsten Böcke als Gärtner, na wunderbar!
Sie rufen nach dem Kruzifix, nach Brauchtum und nach guten Sitten
Doch ihre Botschaften sind nichts als Arsch und Titten
Verdummung, Verrohung, Gewalt sind die Gebote
Ihre Götter sind Auflage und Einschaltquote
Sie biegen die Wahrheit und verdrehen das Recht
So viel gute alte Werte, echt, da wird mir echt schlecht!”
(Reinhard Mey, “Sei wachsam” – Lyrics!)
Dementsprechend ist islamistische Propaganda ebenso abzulehnen, wie die anti-islamische Propaganda einiger heimischer Medien. Diese leisteten bereits erschreckende Arbeit, wenn heute 62 % der österreichischen Bevölkerung den muslimischen und europäischen Lebensstil nicht miteinander vereinbar hält. Vielleicht könnte auch hier ein Blick in die Geschichte helfen, um Vorbilder für harmonische Koexistenz zu finden. Oder es ist ein Auftrag für PolitikerInnen, hier einem Widerspruch entgegenzuwirken. Denn es ist entgegen jeder Logik, ein friedliches Miteinander zu wollen, aber die Verbreitung unfriedlicher Gesinnung zu erlauben. Spätestens hier ist man bei der verfassungsrechtlich verankerten Meinungsäußerungsfreiheit. Ein anderes Thema, ein andermal!
“Demokratie ist der politische Raum, der uns das Recht für das Fragen und Prüfen gibt. In ihm beugt sich die Macht dem Argument, nicht das Argument sich der Macht.”