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Politischer Rechtsruck und islamischer Fundamentalismus in Europa – Hass und Angst vor den Muslimen?

Abgeschlossenes Bachelorstudium in Bildungswissenschaft. Aktuell: Masterstudien in Bildungswissenschaft und Islamische Religionspädagogik. Cigdem arbeitet als Hortpädagogin.

Wohin geht Europa?

Der politische Rechtsruck ist zu einer Realität geworden, die Europa flächendeckend umfasst hat und immer weiter voranschreitet. Um diese Tatsache effektiv abwehren zu können, müssen wir uns neben den Ursachen für diese Entwicklung auch die politischen Lösungsstrategien vor Augen führen bzw. diese hinterfragen.

Was sind also die Gründe dafür, dass konservativ-rechte Parteien mit Hassaussagen gegenüber Migranten und dabei vor allem gegenüber dem Islam und den Muslimen immer mehr Zustimmung von der europäischen Mehrheitsgesellschaft erhalten und somit ihre Macht ausweiten? Welche Rolle und Aufgaben haben die in Europa lebenden Muslime für die Beseitigung dieser Entwicklung? Und welche Maßnahmen bzw. Lösungsstrategien erscheinen als angemessen im Kampf gegen den islamischen Terrorismus?

Die Gründe für die Machtgewinnung rechts-konservativer Parteien in Europa lassen sich nicht schwer erraten: Der Flüchtlingszustrom und vor allem der politisch motivierte Islamismus, der sich durch Selbstmordanschläge in einigen Städten Europas zeigt, können für diese politische Entwicklung genannt werden. Diese Ereignisse führen zu Unsicherheit bzw. eher zu Hass und Angst unter der Bevölkerung, die sich wiederum in ihrer politischen Auffassung widerspiegelt. Dabei wird der Islam zunehmend als eine Bedrohung für Europa sowie die europäischen Werte und seine Gesellschaft aufgefasst und durch diverse Medien verstärkt. Diese Furcht vor den Muslimen äußert sich insbesondere in rechtsradikalen Anti-Islam- und Anti-Muslim-Bewegungen.

Bevor wir uns mit einer angemessenen Lösungsstrategie auseinandersetzten, betrachten wir zunächst die politischen Entwicklungen, welche diesbezüglich in Erscheinung treten.

Zum einen dreht sich die gesamte politische Debatte um die Kleidung der muslimischen Frau. Zunächst wurde in Frankreich das Tragen der Burka verboten und jetzt diskutiert es nach höchstrichterlichem Urteil noch immer über das Verbot des Burkinis. Letzteres wird sogar als eine solch große Bedrohung wahrgenommen, dass kürzlich eine Trägerin des Burkinis unter der Polizeiaufsicht – oder soll man eher von der Sittenpolizei reden? – entkleiden musste. Auch wenn bisher nur die Burka verboten wurde, kann sich der Diskurs auch auf das Tragen des Niqab ausweiten, welches in Europa noch eher anzutreffen ist. Warum können solche politischen Maßnahmen nicht als effektiv angesehen werden?

Da diese Kleidungsvorschriften ihren Ursprung in einer bestimmten islamischen Theologie bzw. Auffassung haben, welche die Frau auf eine bestimmte Rolle reduzieren möchte, ist es meiner Meinung nach notwendig, dass Muslime selber diese Theologie hinterfragen und aufbrechen. Diese Aufgabe müssen die in Europa lebenden Muslime, seien es Theologen, Imame, Lehrer etc. übernehmen, und darf keinesfalls zum Spielball der Politik gemacht werden. Denn gesetzliche Verbote, wie etwa von Burka oder Niqab, können nicht die Lösung von gesellschaftlich-sozialen Problemen sein.

Zweitens ist das Burkini-Verbot überhaupt nicht rational begründbar und hat mit dem Kampf gegenüber einer Radikalisierungstendenz nicht wirklich etwas zu tun und erzeugt nur eine kontraproduktive Wirkung. Da es im Islam legitimer weise bestimmte Kleidungsvorschriften gibt, wird muslimischen Frauen mit dem Tragen eines Burkinis das Schwimmen ermöglicht. Mit dem Verbot des Burkinis würde der muslimischen Frau diese Freiheit genommen werden. Es ist daher nicht verwunderlich, dass gerade konservative Prediger und Politiker in der muslimischen Welt das Verbot des Burkinis ebenso begrüßen, weil somit den muslimischen Frauen wiederum die Freiheit schwimmen zu dürfen, weggenommen wird. Es darf daher nicht zugelassen werden, dass die Kleidung der (muslimischen) Frauen als Instrument bestimmter politischer Machtinteressen missbraucht wird.

Daher sollen radikale Ideologien – seien sie nun aus dem Islam oder aus einer anderen Ideologie entsprungen – nicht mit populistischer Stimmenmaximierung politischer Interessen dienen, sondern es müssen neben ehrlichen Debatten über bestimmte gesellschaftliche Ängste vor allem Muslime ermutigt werden, sich mit jenen theologischen – nicht selten rein kulturell bedingten – Positionen auseinanderzusetzen, die die Frauen in ein bestimmtes Rollenbild zwingen. Das Bestehen auf eine solche Lösungsstrategie würde einerseits die Rechtsentwicklung der europäischen Politik hinsichtlich muslimischer Debatten beeinflussen und andererseits verhindern, dass die in Europa lebenden Muslime sich von der Gesellschaft immer weiter entfernen und sich in eine Parallelgesellschaft begeben.

Vielmehr stehen die in Europa lebenden Muslime vor der Aufgabe, ihre Religion auf Basis der Freiheit, der Demokratie und der Menschenrechte zu definieren und somit fundamentalistisches Gedankengut an der Wurzel zu beseitigen. Eine Zusammenarbeit der gesamten Zivilgesellschaft sei dafür wünschenswert.

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